Monat: März 2019

März 2019 – here we go

Hallo März.

Du wirst anstrengend. Es ist dumm von mir, dich mit solch einer Einstellung anzutreten. Ich weiß doch, dass es oft die Einstellung ist, die eine Sache gut oder schlecht erscheinen lässt.

Ich werde zwei Reisen antreten. Beide werden wahrscheinlich alles andere als erholsam sein. Der Zweck ist nämlich ein ganz anderer. Besonders die zweite, aber auch die erste Reise, werden wohl unglaublich interessant und lehrreich werden. Trotzdem wird es für mich nicht nur physisch, sondern auch mental eine Anstrengung sein. Das ist in Ordnung. Ich bin immer dafür, sich selbst herauszufordern. Meistens hilft das auf lange Sicht sehr viel in der persönlichen Entwicklung weiter. Ich schaue diesen Reisen also voller Vorfreude entgegen.

Dann habe ich zwei wichtige Aufführungen. Noch so eine Herausforderung. Aber ich habe mich freiwillig dafür entschieden und ich weiß, wie sehr mich das erfüllen wird und auch jetzt schon tut. Lampenfieber hin oder her.

Schule steht auch noch an. Ich muss mich noch für einige Stellen bewerben und da fehlen noch etliche Anschreiben und Telefonate. Klausuren habe ich auch genug im März.

Für einige Freundschaften wird der März wohl ein Prüfmonat sein. Es sind einige Dinge vorgefallen, die gewisse Beziehungen in Frage stellen. (Das erste Mal seit ungefähr vier Jahren befinde ich mich in solche einer Situation.) Und der März wird – zumindest vorläufig – Antworten liefern. Das ist eigentlich ganz gut.

Denn der März wird mich einige meiner Kräfte kosten, aber der April wird mir umso mehr Zeit geben diese wiederherzustellen, sodass das Gleichgewicht wieder hergestellt werden kann.

Also, ich freue mich auf Dich, März!

A.

P.S.: Bitte gib mir die Möglichkeit trotz alledem noch Zeit und Energie zum lesen zu finden. Danke.

Körper

So eine Art Fortsetzung von Ich zieh mein Körper manchmal aus oder würde es zumindest gerne.

Ich hatte nie Probleme mit meinem Körper als ich noch jünger war. So wie die meisten, wahrscheinlich. Ganz typisch war der Anfang meiner Pubertät das, was alles durcheinander brachte.

Bei mir fing einfach alles früher an zu wachsen. Als alle noch Storchenbeine hatten, bekam ich Fett an den Oberschenkeln und meine Hüfte passte in keine 158-Kinderhosen mehr rein. Selbst die 164 passte manchmal nicht.
Nicht unbedingt die Kleidergrößen, aber der Vergleich mit Gleichaltrigen verunsicherte mich. Das änderte sich auch nicht, als ich irgendwann anfing in der Frauenabteilung einzukaufen, wo ich keine Probleme hatte passende Hosen zu finden. Meistens.

Ich sah die anderen Mädchen mit dünne Beinen, die nicht aufquollen, wenn sie sich hinsetzten und unter deren Gewicht die Sportmatte nicht halb so doll einsackte, wie unter meinem. Ich hörte sie über ihr Gewicht reden und vermied mein Gewicht zu nennen – zu peinlich war es, dass meine Zahl so viel größer war als ihre.

Ich bekam Dehnungsstreifen, viele Dehnungsstreifen, denn ich wuchs nicht nur viel in die Breite, sondern auch in die Höhe. Das war für einige Jahre das aus mit mir und öffentlichen Badeanstalten in meiner Heimatstadt – zu sehr schämte ich mich für diese Male. Die Menschen um mich herum hatten alle glatte, makellose Haut. Nicht nur im Gesicht, sondern auch an den Beinen.

Ich begann jede Sekunde darüber nachzudenken, dass ich weniger essen sollte. Allerdings tat ich das nicht. Jeder Bissen Süßes wurde begleitet von Schuldgefühlen, was aber nicht dazu führte, dass ich weniger Süßes aß. Ich versuchte es, das schon. Aber es klappte einfach nicht. Ich schrieb Listen, um mich zum Abnehmen zu motivieren. Einmal aß ich ein, zwei Tage lang extrem wenig. Das zeigte äußerlich sofort Wirkung, aber ich schaffte nicht, das über einen längeren Zeitraum zu halten.

Einen Monat lang las ich mir Anorexieblogs durch. Keine über Regeneration, sondern über Frauen, die genauso oder sogar weniger wogen als ich und jede noch so kleine Gewichtsveränderung registrierten und für sie kämpften. Frauen, die ihre Krankheit als Anna und beste Freundin bezeichneten.
Mir war bewusst, dass solch ein Leben nicht erstrebenswert, sondern wirklich krankhaft war. Trotzdem kam ich nicht umhin, die Disziplin dieser Frauen mit Bewunderung zu betrachten und mich gleichzeitig für das nicht Vorhandensein dieser in meiner eigenen Verhaltensweise zu verachten.

Ich wollte keine Fotos von mir machen lassen, schaute nicht so oft in den Spiegel, wusste nicht wirklich, wie ich mich kleiden sollte. Meine Haare versuchte ich genauso zu tragen, wie es die anderen Mädchen machten. Nur – meine Haare waren nicht mehr einfach nur wellig wie früher, sie waren lockig geworden. Und ich hatte absolut keine Ahnung, was ich mit ihnen anstellen sollte.

Das, was ich da praktizierte, war in gewisser Weise das genaue Gegenteil von Bodypostivity und Selbstakzeptanz. Ich verachtete mein Aussehen und in gewisser Weise auch mich, weil ich es nicht schaffte eine „effiziente“ Essstörung zu haben.
Eine Essstörung hatte ich ja sowieso schon, ich schaffte es bloß nicht durch sie Abzunehmen.

Ich verbrachte den ganzen Tag lang damit, an Essen zu denken, an meine nächste Diät. Und mein Scheitern machte alles einfach nur noch schlimmer. Und wenn ich nicht gerade damit beschäftigt war, versuchte ich mein Aussehen und mein Körper zu verdrängen und zu vergessen.

Wie alt war ich da? 12? Vielleicht noch jünger?

Während ich damit beschäftigte, zu dick zu sein, wuchs ich tatsächlich in das Bild hinein, dass ich von mir hatte. Wortwörtlich. Ich nahm zu, ohne es wirklich zu merken. Ich hatte aufgehört mich zu wiegen, als meine Eltern eine digitale Waage kauften, bei der alle Messungen auf einer App einzusehen sind. Selbst vor ihnen war mir mein Gewicht unangenehm. Und so merkte ich nichts, weil ich mich längst schon sah, wie ich wurde.

Über die Jahre nahm ich immer weiter zu und auch nie wieder ab.

Und so bin ich jetzt tatsächlich dick. Wobei – was heißt dick? Wann ist man dick und wann einfach nur kurvig? Wann ist man zu dick? Vor allem – wo soll ich mich da einordnen?

Eigentlich ist das egal, für das was ich sagen will. Und auch sonst ist es egal, was dick und was dünn ist. Alle Körper sind einfach bloß Körper und Beine sind genauso bedeutend wie ein Darm und ein Gesäß genauso viel wie eine Luftröhre. Wenn wir uns nicht weiter bei dem Gedanken an das Aussehen unseres Darms aufhalten, wieso sollten wir es bei unseren Beinen tun?

Während ich an Gewicht zugenommen habe, habe ich gelernt, besser mit mir umzugehen.
Ich denke nicht mehr über jeden Bissen nach, den ich zu mir nehme und fühle mich persönlich sehr wohl mit meinem Äußeren. Ich weiß jetzt realistischer, wie ich aussehe, bilde mir nicht ein, dicker oder dünner zu sein, als ich bin.

Trotzdem gibt es einige Dinge, die mich dazu verleiten in alte Verhaltensweisen zurückzukehren.

Wenn Menschen eine Diät machen, auf Süßigkeiten verzichten wollen oder ihre Ernährung als ungesund bezeichnen, fühle ich mich persönlich angegriffen. Wahrscheinlich weil ich mich diesen Einstellungen einst hingegeben habe und sie erst vollkommen aus meinen Leben streichen musste, um mit meinen jetzigen Prinzipien der Selbstliebe und Akzeptanz, leben zu können.
Wenn aber jemand erwähnt, dass er auf Süßigkeiten verzichten möchte, kann ich nicht anders als das zu verurteilen. Würde ich das nicht machen, würde ich mich fragen, ob ich nicht alles falsch gemacht habe, als ich diese Verzichtpläne aufgegeben habe. Ob ich es nicht doch einmal versuchen sollte.

So war es auch, als eine gute Freundin mir erzählt hat, dass sie an Anorexie leidet. Mit meinem geschulten Auge für Essstörungen war mir das eigentlich auch schon lange davor klar. Es noch einmal ausgesprochen zu hören, hat mich einige Wochen lang auf eine falsche Bahn geleitet. Ich bin in alte Gedankenmuster zurückgefallen und konnte mich da nur sehr schwer wieder herauskämpfen.

Es gibt auch andere Momente, die gefährlich für mich werden können. Ich hab mich seit Jahren nicht mehr wirklich gewogen. Seit dem ich damals damit aufgehört habe eigentlich. Einfach weil ich Angst habe. Noch immer Angst vor dieser Zahl. Weil ich weiß, dass ich zwar meinen Körper, aber nicht diese Zahl annehmen kann. Noch nicht und vielleicht überhaupt nie.

Außerdem ist immer die Angst da, die ich in dem am Anfang erwähnten Artikel schon beschrieben habe. Diese Angst im Vergleich mit anderen Menschen schlechter abzuschneiden, eben aufgrund meines Äußeren.  Nicht so wahrgenommen werden, wie ich bin, weil ich auf mein Äußeres reduziert werde.

Es fällt mir auch sehr schwer mit anderen Menschen darüber zu reden, weil ich das Gefühl habe mich dadurch selbst einfach sehr runterzumachen. Und das will ich nicht, dafür ist mein Stolz zu groß.

Das ist noch immer Teil meiner Realität und noch immer etwas, womit ich kontinuierlich zu kämpfen habe. Aber es ist nicht mehr krankhaft, nur ein Überbleibsel von etwas Vergangenem.

Trotzdem – ich versuche noch immer meine Einstellung zu mir und meinem Körper zu verbessern und ich weiß, dass – obwohl ich schon viel erreicht habe – noch ein weiter Weg vor mir liegt.